Darf ein Elternteil von dem ,,Kindersparbuch“ Geld abheben?
Mit dieser Fragestellung hat sich der Bundesgerichtshof zu befassen gehabt und hat entschieden:
Die Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Es kommt auf alle Umstände des Einzelfalles an, insbesondere der Name, auf den das Konto lautet, ob das Guthaben aus dem Vermögen des Elternteils oder aus Schenkungen von Verwandten für das Kind angespart worden ist, und ob und wann das Kind vom Sparbuch erfährt.
Sachverhalt:
Die Eltern legten kurz nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter ein Sparbuch auf den Namen ihres Kindes an. Darauf zahlten sie im Laufe der Jahre Geldbeträge aus dem eigenen Vermögen ein. Der Vater hob von 2010 bis 2011 insgesamt 17.200 € ohne Rücksprache mit der Ehefrau oder dem Kind ab. Im Januar 2015 überreichte er dem Kind das Sparbuch mit einem Guthaben von 242 €.
Die nunmehr volljährige Tochter verklagte ihren Vater auf Zahlung von 17.200 €. Das Familiengericht gab der Tochter Recht. Auf die Beschwerde des Vaters entschied das Oberlandesgericht für den Vater, so dass er nichts an die Tochter zurückzahlen musste. Daraufhin geht die Tochter in Revision zum Bundesgerichtshof.
Entscheidungsgründe:
Der Bundesgerichtshof legt in seiner Entscheidung Kriterien fest, wann die Eltern oder das Kind Kontoinhaber und somit berechtigt sind, Abhebungen vom Konto vorzunehmen:
Für den Anspruch des Kindes gegen seine Eltern ist das Innenverhältnis maßgeblich. Forderungsinhaber gegenüber der Bank zu sein, hat nur Indizwirkung. Kontoinhaber ist derjenige, der nach der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll. Zwar kommt dem Besitz am Sparbuch indizielle Wirkung zu. Es ist zu dem nicht unüblich, dass Eltern das abgesparte Geld als Reserve für finanzielle Engpässe sehen. In dieser Konstellation dürfen die Eltern darüber verfügen.
Genauso möglich ist es, dass die Eltern das Sparbuch nur aufbewahren, damit ihr Kind dieses nicht verliert. Hier dürfen die Eltern hingegen nicht verfügen.
Allein aus dem Besitz kann nicht geschlossen werden, dass sich die Eltern Verfügungen über das Sparbuch vorbehalten wollen.
Es sind alles Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere der Name, auf den das Konto lautet, als auch die Mittel, mit denen das Guthaben angespart werden soll, und ob und wann das Kind vom Sparbuch erfährt. Taschengeld oder Geldgeschenke Dritter, etwa der Großeltern, an das Kind wurde nie auf das Konto ein eingezahlt. Zu berücksichtigen ist weiter, dass das Kind das Sparbuch auch nicht nach dem Grundschulalter ausgehändigt bekam
BGH, Beschluss vom 17.07,2019 – XII ZB 425/18
Praxishinweis
Wie so oft kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Es ist mit Bedacht zu argumentieren. Daher sollten Sie sich an einen Experten wenden.
Bei nahen Angehörigen wie z.B. den Großeltern sind die Rechte am ,,Kindersparbuch´´ höchstrichterlich geklärt: Geben diese ein im Namen des Enkels errichtetes Sparbuch nicht aus der Hand, wollen sie sich regelmäßig Verfügungen bis zu ihrem Tod vorbehalten (BGH, NJW 2005,980), sind zu Lebzeiten also verfügungsberechtigt.